Der
Masterstudiengang "World Heritage Studies" an der BTU
Cottbus
Die
UNESCO-Welterbekonvention in Forschung und Lehre verankern
Von
Kurt Schlünkes
An der Universität Cottbus gibt es einen einzigartigen
Studiengang, der sich speziell mit dem UNESCO-Welterbe
befasst. Der Masterstudiengang "World Heritage Studies"
trägt dazu bei, die Ziele der UNESCO-Welterbekonvention
in Forschung und Lehre zu verankern.
Seit
1999 gibt es den internationalen Studiengang "World
Heritage Studies" (Welterbestudien) an der Brandenburgischen
Technischen Universität Cottbus (BTU). Er qualifiziert
Studierende, die sich professionell der Erhaltung des
Kultur- und Naturerbes widmen wollen. Die Welterbekonvention
der UNESCO formuliert das Ziel, Kultur- und Naturstätten
von außergewöhnlichem universellem Wert als gemeinsames
Erbe der Menschheit zu schützen. Wie lässt sich dieser
Anspruch wirkungsvoll umsetzen?
Welche
Faktoren spielen dabei eine Rolle? Und wie können die
weit reichenden Ziele der Welterbekonvention in Bildung
und Forschung umgesetzt werden? ?Die Aufgaben der Welterbe-Bildung
sind in der "Cottbuser Erklärung" benannt: "Der Schutz
und die Bewahrung des Erbes der Menschheit ist eine
zentrale Aufgabe aller Gesellschaften und deswegen auch
der Universitäten und Schulen. Dazu bedarf es innovativer
Formen der Aus- und Weiterbildung, wie beispielsweise
internationaler, interkultureller und interdisziplinärer
Studiengänge. Kenntnisse im Sinne des Welterbes sollten
in allen schulischen und universitären Curricula verankert
werden."
Die
Cottbuser Erklärung mit dem programmatischen Untertitel
"Welterbe, Globalisierung und nachhaltige Entwicklung:
Aufgaben für Bildung und Forschung" wurde am 5. Juni
2004 auf dem Symposium "Perspektiven des Welterbes"
verabschiedet, das anlässlich der Einweihung des UNESCO
Chairs in Heritage Studies stattfand. Die UNESCO hat
dem Lehrstuhl Interkulturalität an der BTU Cottbus diesen
Titel im Jahr zuvor zuerkannt und damit den Erfolg des
noch jungen Studiengangs gewürdigt. Der internationale
und interdisziplinäre Ansatz des Masterstudiengangs
macht seinen Erfolg aus.
Interdisziplinäres
Curriculum
"World
Heritage Studies" ist ein innovativer und in seiner
Art einmaliger Studiengang, der den sozioökonomischen,
kulturellen, ökologischen, politischen und technischen
Problemen, die mit der Erhaltung des Welterbes verbunden
sind, mit einem interdisziplinären Curriculum begegnet.
Dabei orientiert sich der Studiengang an der Welterbekonvention
der UNESCO. "World Heritage Studies umfasst vier Bereiche,
die auch in der UNESCO-Konvention vorgesehen sind",
so Prof. Dr. Marie-Theres Albert, die den Masterstudiengang
leitet. "Ein kulturtheoretischer Bereich beschäftigt
sich mit dem Konzept des Welterbebegriffs und seinen
ideellen Hintergründen. Die beiden eher technischen
Bereiche betreffen zum einen den Schutz und die Erhaltung
von Kulturstätten, zum anderen die Bewahrung des Naturerbes.
Der vierte Schwerpunkt ist das Management von Welterbestätten."
Der
Masterstudiengang integriert mehrere Fakultäten der
Universität. Studieninhalte sind Architektur, Bauingenieurwesen,
Denkmalpflege und Stadtplanung als Grundlagen für die
Erhaltung von Kulturdenkmälern. Voraussetzungen für
den Schutz von Natur- und Kulturlandschaften sind die
Bereiche Ökologie, Landschaftsplanung und Umweltrecht.
Das weite Spektrum der Lehre und Forschung reicht von
Bau- und Kunstgeschichte, über Museologie und Archäologie,
von der Auseinandersetzung mit Eurozentrismus und Interkulturalität
bis hin zu ganzheitlichen Ansätzen zur Konservierung
und Nutzung der Natur- und Kulturstätten und innovativen
Strategien für nachhaltiges Management.
Innovativ
– international – interkulturell
Der
Lehrstuhl vermittelt mit modernen Methoden ein breit
gefasstes Kulturkonzept. Die gesamte Thematik der UNESCO-Übereinkommen
zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt (1972),
zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes (2003) und
zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller
Ausdrucksformen (2005) ist konstituierender Bestandteil
der Lehre. Dieser Ansatz ist zukunftsorientiert. Er
hebt die unterschiedlichen Dimensionen des Kulturbegriffs
und die unterschiedlichen Ausprägungen der Kultur im
Spannungsfeld von Globalisierung und nachhaltiger Entwicklung
hervor. Im Rahmen der Kurse werden darüber hinaus auch
internationale Rechtsinstrumente zum Schutz der Natur
behandelt, wie zum Beispiel das Übereinkommen über die
biologische Vielfalt (1992).
In
der Welterbekonvention wird das gemeinsame Erbe der
Menschheit als Ausdruck ihrer kulturellen Identität
definiert. "Die Bewahrung dieses Erbes hilft, die Vergangenheit
zu begreifen und durch Reflexion geschichtlicher Entwicklungen
die Gegenwart zu gestalten. Nur auf diesen Grundlagen
sind auch Projektionen in die Zukunft möglich", heißt
es in der Cottbuser Erklärung. Weiter wird darin ausgeführt:
"Materielles und immaterielles Erbe müssen über transdisziplinäre
Methoden in Bildungsprogrammen zusammengeführt werden,
die multidimensionales Wissen für verantwortliches Erbemanagement
ermöglichen."
Der
Masterstudiengang richtet sich vor allem an internationale
Nachwuchswissenschaftler. Zulassungsvoraussetzung ist
ein abgeschlossenes Erststudium. Der Aufbaustudiengang
ist auf vier Semester angelegt und schließt mit dem
akademischen Grad Master of Arts (M.A.) ab. Seit 1999
haben 156 Studierende den "Master of Arts in World Heritage
Studies" an der BTU Cottbus beendet.
Der
Studiengang World Heritage Studies erfreut sich immer
größerer Beliebtheit und ist jährlich mit seinen rund
40 Studienplätzen voll "ausgebucht". Die Studierenden
kommen aus aller Welt. Aktuell sind es 79 aus 27 Ländern,
darunter viele Entwicklungsländer. Das Studium ist international
ausgelegt. Unterrichtssprache ist Englisch.
Kooperationen
und Partnerschaften
Wesentlich
bei allen Forschungsaktivitäten sind die internationalen
Kooperationen des Lehrstuhls. Zum Beispiel koordinierte
der Lehrstuhl bis Mai 2007 ein Projekt zur Entwicklung
von Strategien für das Management von Welterbestätten
in Europa und Asien (MUMA), das durch das Asia-Link-Programm
der Europäischen Union gefördert wurde. Projektpartner
waren Universitäten in China, Indien und Spanien. In
dem Projekt "Sharing our Heritages" (2005 bis 2008)
arbeitete der Lehrstuhl in Cottbus mit Partneruniversitäten
in Australien, Belgien, Irland und Spanien zusammen.
In
enger Zusammenarbeit mit dem UNESCO-Welterbezentrum
und der Deutschen UNESCO-Kommission hat der Lehrstuhl
eine Reihe internationaler Konferenzen organisiert.
Die Ergebnisse wurden in drei Publikationen veröffentlicht:
"Natur und Kultur – Ambivalente Dimensionen unseres
Erbes" (2002), "Perspektiven des Welterbes" (2006),
"Training Strategies for World Heritage Management"
(2007).
Der
Lehrstuhl in Cottbus ist eingebunden in das internationale
Netzwerk der UNESCO Chairs. Die UNESCO hat das Lehrstuhlprogramm
1991 eingeführt, um die weltweite Hochschulzusammenarbeit
zu fördern. Im Rahmen dieses Programms werden internationale
Partnerschaften, insbesondere auch mit Hochschuleinrichtungen
in Entwicklungsländern aufgebaut. In dem Netzwerk kooperieren
640 Lehrstühle verschiedener Disziplinen in über 120
Ländern.
Zusammen
mit dem University College in Dublin gehört die BTU
Cottbus zu den Ausbildungsstätten des UNESCO-Stipendienprogramms
für Welterbe-Manager. 2006 hat die UNESCO in Kooperation
mit der französischen Nichtregierungsorganisation Vocations
Patrimoine dieses Programm ins Leben gerufen. Die Stipendiaten
setzen sich in der zweijährigen Ausbildung zum Welterbe-Manager
mit der Erhaltung von Welterbestätten auseinander und
entwickeln Strategien, wie Gefahren für das Welterbe
durch Umweltzerstörung und Klimawandel oder infolge
von städtebaulicher Entwicklung und Tourismus vorgebeugt
werden kann.
Ausblick
Künftig
will die Leiterin des UNESCO-Lehrstuhls Prof. Marie-Theres
Albert den Schutz des mündlich überlieferten und immateriellen
Kulturerbes noch stärker in den Studiengang integrieren:
"Oral vermittelte Kulturwerte sind in ihrer Existenz
bedroht, gleichzeitig breiten sich global standardisierte
Formen der Kulturproduktion aus. Der Studiengang World
Heritage Studies an der BTU setzt mit seiner ergänzenden
Orientierung auf den immateriellen Aspekt von Kulturerbe
auf ein Zukunftsfeld", sagt Prof. Albert.
Die
Jubiläumskonferenz des Lehrstuhls im Oktober 2009 wird
einen wesentlichen Impuls in diese neue Richtung geben
und Konferenzteilnehmern und Studierenden interessante
Einblicke in neue Forschungsthemen eröffnen. Die Konferenz
steht unter dem Titel "Welterbe und kulturelle Vielfalt
– Herausforderungen für die universitäre Bildung". Sie
findet vom 23. bis 25. Oktober am Lehrstuhl für "World
Heritage Studies" an der Brandenburgischen Technischen
Universität Cottbus statt.
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