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Macht das Internet uns schlauer?

68. Hauptversammlung der Deutschen UNESCO-Kommission diskutierte über die Rolle des Internets in der Bildung

Von Kurt Schlünkes

Mit dem Thema "Wissen im Web" hat die 68. Hauptversammlung der Deutschen UNESCO-Kommission die Debatte über die Rolle des Internets in der Bildung aufgegriffen. Bei einer öffentlichen Podiumsdiskussion am 12. Juni 2008 im Medientheater des Zentrums für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe stellten Experten die Chancen und Herausforderungen der heutigen Wissensgesellschaft dar.

Das Internet hat die Bildungslandschaft nachhaltig verändert. E-Learning wird in Schule, Studium und Beruf genutzt. Fach- und Lehrbücher finden in elektronischer Form weite Verbreitung. Online-Enzyklopädien wie Wikipedia werden von selbst organisierten Wissensgemeinschaften gestaltet. Über eine Viertelmillion Autoren, vom Schüler bis zum Professor, beteiligen sich an der Wikipedia, in der über zehn Millionen Beiträge in mehr als 200 Sprachen gespeichert sind. Die Flexibilität der elektronischen Lernwelt scheint unbegrenzt und zeigt sich in virtuellen Seminaren, Televorlesungen, virtuellen Praktika und Laborplätzen.

Revolutioniert das Internet die Bildung?

Revolutioniert das Internet die Bildung? – So lautete die Eingangsfrage der ersten Diskussionsrunde. "Das Internet kann uns tatsächlich schlauer machen, wenn wir es richtig einsetzen", so Axel Plathe von der UNESCO-Abteilung für Kommunikation und Information. Er stellte das Konzept der UNESCO für den Aufbau moderner Wissensgesellschaften dar, das auf vier Säulen basiere: Wissensaufbau, Wissenserhaltung, Wissensverbreitung und Wissensanwendung. Ziel der UNESCO sei es, die Potenziale des Internets für Bildung und Entwicklung zu nutzen. Erst die effektive Verwendung von Informationen führe zum Aufbau von neuem Wissen und damit zu gesellschaftlichem Fortschritt. Plathe betonte, dass sich die UNESCO auch für die Bewahrung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt im Internet einsetze.

Christoph Wulf sieht im Internet eine Chance für die kulturelle Bildung. Schüler könnten sich mit Gleichaltrigen auf der ganzen Welt austauschen, gemeinsam an Projekten arbeiten und so andere Sichtweisen und Kulturen kennenlernen.

Michael Mangold erklärt: "Im Internet entstehen virtuelle soziale Netzwerkgemeinschaften, die neue Formen des Austauschs und der Zusammenarbeit schaffen". Beispiele hierfür seien Schülerplattformen oder von Auszubildenden initiierte Foren, die abgeschirmt seien von institutionalisierter Bildung. Der Leiter des Instituts für Medien, Bildung und Wirtschaft am ZKM warnte davor, solche Netzwerke zu "pädagogisieren". Es sei wichtig, die neuen medialen Möglichkeiten zu analysieren und zielgerichtet in den Bildungsprozess einzubeziehen. Mangold: "Durch das Web 2.0 ergeben sich Möglichkeiten, Inhalte und Formen des Lernens neu zu fassen, sie näher an die Lebenswelt dieser Gruppen zu binden und so den Wissenserwerb signifikant zu erleichtern."

Die sinnvolle Nutzung des Internets brauche aber pädagogische Begleitung, betonte Wolfgang Schulz, Direktor des Hans-Bredow-Instituts für Medienforschung. Jugendliche müssten lernen, aus der Flut der Informationen im Internet diejenigen Wissensinhalte herauszufiltern, die für sie tatsächlich wertvoll sind.

Wissensmanagement gewinnt an Bedeutung

Um die Voraussetzungen für den Wissenserwerb im Netz, um Medienbildung und um die Qualitätssicherung von Wissensangeboten ging es in der zweiten Diskussionsrunde. Hervorgehoben wurde, dass Medienkompetenz eine unerlässliche Grundvoraussetzung für den erfolgreichen Einsatz des Internets als Bildungsmedium ist. Angesichts des riesigen Datenuniversums im Internet wird das Finden einer geeigneten Information zur Hauptaufgabe. Wenn immer mehr Wissen ins Netz wandert, gewinnt das Wissensmanagement an Bedeutung. Medienkompetenz umfasst daher viel mehr als die bloße Bedienung eines Mediums. Das Internet als Informationsumgebung stellt im Vergleich zu anderen Medien neuartige Anforderungen an die Nutzer. Zu den wesentlichen Voraussetzungen gehören zum Beispiel umfassende Kompetenzen im Hinblick auf selbstgesteuertes Lernen.

Die Vermittlung von Medienkompetenz sei vor allem Aufgabe der Schule, weil sie dort bei allen Kindern ankommt, auch denen aus bildungsfernen Schichten. Michael Schopen vom Verein "Schulen ans Netz" unterstrich, dass es heute an deutschen Schulen nicht mehr vorrangig um die Verbesserung der technischen Ausstattung gehe. Wichtig sei jetzt eine noch bessere Förderung der Lehrerausbildung, denn der schulische Einsatz des Internets erfordere besondere Kenntnisse und Erfahrungen seitens der Lehrenden. Der Umgang mit dem Netz müsse als Modul in die Lehrer-Erstausbildung integriert werden.

Welche Rolle Bibliotheken bei der Förderung der Medienbildung spielen, erläuterte Barbara Lison, Präsidentin der Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheks- und Informationsverbände. "Bibliotheken haben auch die Aufgabe, den Zugang zu Information und Wissen über neue Medien zu ermöglichen, so erfüllen sie beispielsweise die Aufgabe der Archivierung und Digitalisierung von Wissensinhalten." Bibliotheken gehören zudem zu den "wenigen öffentlichen und kostenfrei zugänglichen Lernorten, an denen man ruhig arbeiten, sich Sachen erklären lassen kann oder gemeinsam über die Welt des Wissens forschen und diskutieren kann."

Das Internet ist längst zu einer Lebensform für junge Menschen geworden. Kinder und Jugendliche können durch das Internet sehr viel lernen, der natürliche Umgang mit der Welt tritt dann jedoch zurück. Als mögliche Gefahr thematisierten die Experten eine zurückgehende körperliche Aktivität. Um zu ermitteln, inwieweit das Internet das Sozialverhalten und den Umgang von Menschen miteinander beeinflusst, werde noch viel Forschung benötigt.

 
veröffentlicht 2008

Der Artikel ist im Juli 2008 auf dem Webportal
unesco.de erschienen.

   
 Der Artikel ist erschienen in: unesco heute online, Newsletter der Deutschen UNESCO-Kommission, Juni 2008.    
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