Home

Artikelwerkstatt

© CC BY-SA 4.0 Arimja
 
 
Artikelliste
 

Erbe der Natur – Schätze der Menschheit

Die 26 neuen UNESCO-Welterbestätten

Von Kurt Schlünkes

Das Welterbekomitee der UNESCO hat auf seiner 38. Tagung im Juni 2014 in Doha, Katar, 26 Stätten neu in die Liste des Welterbes aufgenommen. Dazu zählen das Okavangodelta in Botsuana, die Akropolis von Pergamon in der Türkei und die Anden-Hauptstraßen der Inkas, die sich über sechs lateinamerikanische Länder erstrecken. Erstmals ist Myanmar mit den antiken Städten der Pyu in der Welterbeliste vertreten.

Naturerbe

Botsuana: Das Okavangodelta im Nordwesten von Botsuana ist eines der sehr wenigen Flussdelta-Systeme, das nicht am Meer liegt. Der Okavango, mit über 1.500 Kilometern der drittlängste Fluss im südlichen Afrika, mündet in ein riesiges Binnendelta inmitten der Kalahari. Durch das Zusammenspiel von klimatischen, geomorphologischen, hydrologischen und biologischen Prozessen unterliegt das Gebiet einem kontinuierlichen Wandel. Tiere haben ihre Lebenszyklen an diesen Wandel angepasst. Wenn im Umland Trockenzeit herrscht, erreicht der Wasserstand im Okavangodelta seinen Höhepunkt. Große Herden von Elefanten, Büffeln, Antilopen und Zebras wandern dann ins Flussdelta. Das kristallklare Wasser des Okavango ist lebenswichtig für eine extrem artenreiche Tierwelt. Viele gefährdete Säugetierarten, darunter weiße und schwarze Nashörner, Geparden und andere Raubkatzen leben in diesem Gebiet. Das Delta mit seinen Lagunen, Sümpfen und Auwäldern ist mit über 20.000 Quadratkilometern eines der größten und tierreichsten Feuchtgebiete Afrikas und ein wichtiges Schutzgebiet für weltweit bedrohte Vogelarten.

Dänemark: Stevns Klint ist eine Pilgerstätte für Geologen. Es ist einer der wenigen Orte weltweit, an dem Spuren eines gewaltigen Meteoriteneinschlags zu finden sind, der vor circa 67 Millionen Jahren zu einer der größten Katastrophen der Erdgeschichte führte. Die Klippen der Halbinsel Stevns an Dänemarks Ostseeküste bergen eines der seltenen Vorkommen, wo Ablagerungen aus zwei geologischen Erdzeitaltern, der Kreidezeit und dem Tertiär, übereinander lagern. Gesteinsproben aus Stevns Klint führten den Physiknobelpreisträger Luis Walter Alvarez und seinen Sohn, den Geologen Walter Alvarez, 1980 zu der sogenannten Impakt-Theorie. Untersuchungen ergaben, dass die Gesteinsschicht an der Kreide-Tertiär-Grenze eine außerordentlich hohe Konzentration von Iridium aufwies, eines Elements, das für Asteroiden typisch ist, auf der Erde jedoch selten vorkommt. Die Iridium-Anomalie führten die Wissenschaftler auf den Einschlag eines großen Asteroiden zurück. Dieser Asteroideneinschlag war der Impakt-Theorie zufolge die Ursache für das Aussterben der Dinosaurier am Ende des Kreidezeitalters. Auslöser der Iridium-Anomalie war nach heutigen Kenntnissen der Einschlag des Meteoriten Chicxulub im Norden der Halbinsel Yucatán in Mexiko. Der Impakt führte zu dramatischen Klimaveränderungen und zum Aussterben von 75 Prozent aller Tierarten. Für Fossilien aus der Kreidezeit ist Stevns Klint ein reicher Fundort. Unter anderem wurden Spuren von Haien und Krokodilen gefunden, die vor 70 Millionen Jahren hier lebten.

Indien: Der Große Himalaya-Nationalpark gilt als ein "Hotspot der Biodiversität". Er liegt im westlichen Teil des Himalaya-Gebirges im nordindischen Bundesstaat Himachal Pradesh. Der Nationalpark schützt eine unberührte alpine Landschaft und den Lebensraum zahlreicher weltweit bedrohter Säugetier- und Vogelarten. Das Schutzgebiet umfasst 25 verschiedene Waldtypen – ein Mosaik von Monsunwäldern, Laub- und Nadelwaldtypen – mit einem außergewöhnlichen Reichtum an Pflanzen, darunter seltene Flechten- und Moosarten und eine große Anzahl von Heilpflanzen. Die Gletscher des Himalaya haben wichtige Bedeutung für die Wasserversorgung. Im Himalaya liegen die Quellen mehrerer großer Flusssysteme Südasiens. Zudem bildet das Gebirge eine Barriere für die von Süden kommenden Monsunwinde, die den indischen Subkontinent mit Regen versorgen.

Philippinen: Das Wildschutzgebiet Mount Hamiguitan im Küstengebirge der Halbinsel Pujada ist Teil des Biosphären-Korridors auf dem Mindanao-Archipel. Der Korridor verbindet Naturschutzgebiete, in denen eine hohe Zahl seltener und endemischer Tier- und Pflanzenarten beheimatet ist und die daher eine besondere Bedeutung für die Erhaltung der biologischen Vielfalt haben. Der Mount Hamiguitan ist eines der wichtigsten Rückzugsgebiete für den Philippinen-Adler, der akut vom Aussterben bedroht ist. Viele weitere gefährdete Vogel- und Primatenarten leben hier, wie der Philippinische Kakadu und der Koboldmaki. Vor allem in den Bergwäldern des Hamiguitan dominieren endemische Arten: Einzigartig sind der tropische Zwergbaumwald und seltene Arten von fleischfressenden Kannenpflanzen, die nur im Hochland von Mindanao zu finden sind. Durch die geografische Isolation des Inselarchipels konnte sich hier ein außergewöhnlicher Artenreichtum entwickeln.

Drei Naturerbestätten wurden erweitert: Der Nationalpark Belovezhskaya Pushcha / Bialowieza im Grenzgebiet zwischen Belarus und Polen wurde auf polnischer Seite um eine Fläche von über 50.000 Hektar erweitert. Die Gesamtfläche des als Weltnaturerbe ausgewiesenen Gebiets beträgt nun rund 140.000 Hektar. Die Erweiterung des Nationalparks soll einen besseren Schutz des einzigartigen Tiefland-Urwalds gewährleisten.

Die Karstlandschaft in Südchina, eine der spektakulärsten und unversehrtesten subtropischen Karstlandschaften der Welt, wurde ebenfalls großflächig erweitert auf insgesamt über 175.000 Hektar.

Für den Schutz des UNESCO-Weltnaturerbes Wattenmeer zeichnen nun drei Länder gemeinsam verantwortlich: Das Welterbekomitee hat dem Antrag Deutschlands, Dänemarks und der Niederlande auf Erweiterung des grenzüberschreitenden Naturerbes zugestimmt. Zum UNESCO-Welterbe zählen damit auch das dänische Wattenmeer-Naturschutzgebiet und zusätzliche Offshore-Gebiete im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. Das Wattenmeer ist eines der weltweit größten gezeitenabhängigen Feuchtgebiete mit einer außergewöhnlichen Artenvielfalt. Alljährlich rasten hier zehn bis zwölf Millionen Zugvögel.

Kulturerbe

Qhapaq Ñan – die Anden-Hauptstraße der Inkas erstreckt sich über sechs lateinamerikanische Länder: Argentinien, Bolivien, Chile, Ecuador, Kolumbien und Peru. Qhapaq Ñan verband die Königsstädte der Inkas und war die Hauptstraße eines 30.000 Kilometer langen Straßennetzes, das die Infrastruktur für Kommunikation, Handel und die politische Kontrolle des Inkareichs schaffte. Das Straßensystem in einem der weltweit extremsten geografischen Terrains veranschaulicht die außergewöhnlichen technischen und architektonischen Errungenschaften der Inkakultur. Für die Welterbeliste wurden Teilbereiche des Straßensystems und 273 damit verbundene archäologische Stätten ausgewählt, darunter Überreste von Lagerhäusern, Wohnsiedlungen, Verteidigungsanlagen und Stätten von religiöser Bedeutung.

Mit den Routen der Seidenstraße im Tian Shan-Gebirge in China, Kasachstan und Kirgisistan wurde eine weitere grenzüberschreitende Stätte als Weltkulturerbe anerkannt. Die Seidenstraße war vom 2. Jahrhundert vor Christus bis ins 16. Jahrhundert ein bedeutender Handelsweg. Mit dem Handel verbreiteten sich auch wissenschaftliche Erkenntnisse, technologische Innovationen, kulturelle Praktiken und religiöse Überzeugungen. Die Seidenstraße hatte somit eine weitreichende Bedeutung für den interkulturellen Austausch.

Aus China wurde außerdem der Kaiserkanal in die UNESCO-Liste aufgenommen. Teilabschnitte des Kanals entstanden bereits im 5. Jahrhundert v. Chr. In mehreren Bauphasen zwischen dem 7. und 13. Jahrhundert wurde der Kaiserkanal zur weltweit längsten künstlichen Wasserstraße ausgebaut. Mit einer Länge von über 2.000 Kilometern verband er die Hauptstadt Peking im Norden Chinas mit der Provinz Zhejiang im Süden an der Küste zum Ostchinesischen Meer und verknüpfte die fünf wichtigsten Flusseinzugsgebiete des Landes. Der Große Kanal bildete das Rückgrat des Transportsystems, um die Industrie mit Rohstoffen und die Bevölkerung mit Reis und Getreide zu versorgen.

Costa Rica: Die Präkolumbianischen Siedlungen und Steinkugeln der Diquis sind einzigartige archäologische Zeugnisse aus vorspanischer Zeit zwischen 500 und 1.500 Jahren n. Chr. und veranschaulichen die kulturellen und künstlerischen Traditionen der indigenen Gesellschaften. Erhalten sind Überreste von Siedlungen, Grabstätten und eine Sammlung von außergewöhnlichen Steinkugeln. Die größten der perfekt geschliffenen Steinkugeln haben einen Durchmesser von über 2,5 Meter. Die Bedeutung und die Herstellungsweise der Steinkugeln gibt Forschern bis heute ein Rätsel auf.

Aus Deutschland wurden das Karolingische Westwerk und die Civitas Corvey in die Welterbeliste aufgenommen. Das Westwerk ist das einzige noch erhaltene Zeugnis der karolingischen Architektur aus dem frühen Mittelalter. Das im Jahr 822 von Ludwig dem Frommen gegründete Benediktinerkloster Corvey war ein geistiges und religiöses Zentrum im damaligen Frankenreich und gehörte mit seiner Schule und Bibliothek zu den wichtigsten Vermittlern der christlichen Kultur.

Frankreich: Die Chauvet-Grotte bei Vallon-Pont-d'Arc an der Ardèche birgt außergewöhnliche Zeugnisse der prähistorischen Kunst. 1994 entdeckte der Forscher Jean-Marie Chauvet in der Höhle über 30.000 Jahre alte Zeichnungen mit Tiermotiven und symbolischen Darstellungen. Die Wandbilder gehören zu den frühesten und am besten erhaltenen Höhlenmalereien der Welt. Über 1.000 Bilder wurden bisher inventarisiert. Neben den Malereien wurden in der Höhle Überreste von prähistorischen Tieren und eine Vielzahl von menschlichen Fußspuren gefunden.

Zum Weltkulturerbe Indiens zählt nun auch der Rani Ki Vav (Stufenbrunnen der Königin) in Patan im Bundesstaat Gujarat. Im 11. Jahrhundert ließ die Königin den prachtvollen Brunnen zum Gedenken an ihren Ehemann erbauen. Die Stufen des Brunnens führen durch mehrere Säulenpavillons, die reich verziert sind mit kunstvollen Skulpturen und Reliefs mit religiösen und mythologischen Motiven, die die Heiligkeit des Wassers preisen. Der Rani Ki Vav gilt als Meisterwerk der sakralen indischen Brunnenarchitektur.

Irak: Die Zitadelle von Erbil thront auf einem künstlich angelegten, 32 Meter hohen Erdwall über der Stadt. Ihre Lage auf einem steil abfallenden Berghang und ihre mächtigen Mauern vermitteln den Eindruck einer uneinnehmbaren Festung. Ihre heutige Form geht auf die osmanische Zeit zurück, doch die Geschichte der Zitadelle reicht bis ins 5. Jahrtausend vor Christus. Bei Ausgrabungen fand man die Überreste mehrerer früherer Siedlungen. Archäologische Untersuchungen legen nahe, dass die Zitadelle mehrfach zerstört und auf den Ruinen an gleicher Stelle wiedererrichtet wurde. Die ältesten Funde werden auf mindestens 7.000 Jahre geschätzt. Damit ist Erbil, die heutige Hauptstadt der autonomen Region Kurdistan im Nordirak, eine der am längsten kontinuierlich besiedelten Stätten der Menschheit.

Iran: Die Ruinen von Shar-i Sokhta ("Die verbrannte Stadt") zeugen von der Entwicklung einer bronzezeitlichen Handelsstadt. Um 3.200 v. Chr. gegründet, wurde die Stadt mehrfach durch Feuer verwüstet und wiederaufgebaut. Anhand von Ausgrabungen lassen sich Siedlungsstrukturen aus vier Bauperioden nachweisen. Bis 1.800 v. Chr. dehnte sich die Stadt immer weiter aus und entwickelte sich zu einer wohlhabenden Handelsmetropole. Zu den bedeutendsten Funden zählen Überreste von großen städtischen Wohnsiedlungen, Werkstätten, eines Friedhofs und einzigartige Artefakte, darunter Werkzeuge, Siegel, Perlenschmuck und Kunstgegenstände aus Keramik und Alabaster, die auf weitreichende Handelsbeziehungen hinweisen.

Aus Israel wurden die Grabhöhlen in Marescha und Bet Guvrin in die Welterbeliste aufgenommen. Unterhalb der beiden Zwillingsstädte befindet sich ein unterirdisches System aus künstlich angelegten Höhlen und Kammern, die Menschen früherer Jahrtausende in den Kalksteinfels gegraben haben. Ehemalige Steinbrüche wurden mit unterschiedlichen Baumethoden in Höhlen zur landwirtschaftlichen und handwerklichen Nutzung umgewandelt. Die Kammern erfüllten verschiedene Zwecke als Lagerräume, Ställe, Taubenschläge oder Ölpressen. Einige Höhlen wurden als unterirdische Zisternen und Bäder genutzt, andere dienten als Grabkammern und Kultstätten oder als Verstecke in unruhigen Zeiten. Die Höhlen sind durch ein weit verzweigtes Gängesystem verbunden. So entstand eine "Stadt unter der Stadt".

Italien: Die Weinanbaugebiete im Piemont: Langhe, Roero und Monferrato illustrieren das gesamte Spektrum der technischen und wirtschaftlichen Entwicklungen im Zusammenhang mit der Weinherstellung, die die Region seit Jahrhunderten geprägt hat. Die Weinkultur des Piemont wurde im 5. Jahrhundert v. Chr. von den Etruskern begründet. Später intensivierten die Römer den Weinanbau in der Region. Plinius der Ältere erwähnt die Region Piemont als "eine der vorzüglichsten Weinanbaugebiete im Römischen Reich". Im Zentrum der Kulturlandschaft befindet sich die Burg Grinzane Cavour, die emblematisch für die piemontesische Weintradition steht. Die Burg wurde im 13. Jahrhundert errichtet und beherbergt heute ein önologisches Museum.

Japan: Die Seidenspinnerei in Tomioka wurde 1872 in der Präfektur Gunma gegründet. Es war die erste Fabrik in Japan, die eine moderne Massenproduktion von Seide ermöglichte. Mit dem Ziel, ein weltweit führender Exporteur von Rohseide zu werden, baute die japanische Regierung in Tomioka eine Modellfabrik nach westlichem Vorbild auf. Das technische Know-how und die Maschinen für die Fabrik wurden aus Frankreich importiert. Tomioka ist ein frühes Beispiel für erfolgreichen Technologietransfer, damit begann in Japan Ende des 19. Jahrhunderts eine neue Phase der Industrialisierung. Die Fabrik in Tomioka ist ein authentisches Zeugnis für die moderne Entwicklung der japanischen Seidenindustrie. Das Ensemble umfasst das historische Fabrikgebäude, verschiedene Produktionsstätten der Seidenraupenzucht und zwei Schulen, in denen die Arbeiterinnen angelernt wurden. Der gesamte Prozess der industriellen Seidenherstellung wird in Tomioka anschaulich.

Republik Korea: Die Bergfestung Namhansanseong wurde als militärischer Stützpunkt der Joseon-Dynastie (1392-1910) auf dem Berg Namhansan, 25 Kilometer südöstlich von Seoul, errichtet. Erbaut und verteidigt von buddhistischen Mönchsoldaten sollte die Festung 4.000 Menschen Schutz bieten und wichtige Militärfunktionen erfüllen. Die Ursprünge der Festung reichen bis ins 7. Jahrhundert zurück, später wurde die Festungsanlage in Erwartung eines Angriffs der chinesisch-mandschurischen Qing-Dynastie mehrmals umgebaut. Der größte Teil der heutigen Festung stammt aus dem frühen 17. Jahrhundert. Die Festungsanlage verkörpert eine Synthese der verschiedenen Konstruktionstechniken, die vom 7. bis 17. Jahrhundert in der Militärarchitektur verwendet wurden.

Als erste Welterbestätte in Myanmar wurden die historischen Städte der Pyu in die UNESCO-Liste aufgenommen. Die drei antiken Städte Halin, Beikthano und Sri Ksetra spiegeln das Erbe des Pyu-Königreichs, das mehr als tausend Jahre lang – von 200 v. Chr. bis 900 n. Chr. – Bestand hatte. Das Volk der Pyu war eine der ersten Hochkulturen in Südostasien. Die Ruinen der Städte sind erst teilweise freigelegt. Bei den Ausgrabungen fanden Archäologen unter anderem Überreste eines Palastes und riesige buddhistische Stupas.

Niederlande: Die Van-Nelle-Fabrik nordwestlich von Rotterdam gilt als "eine Ikone der Industriearchitektur des 20. Jahrhunderts". Erbaut wurde sie in den 1920er Jahren im Stil der Moderne mit Fassaden aus Stahl und Glas. Dem Konzept einer "idealen Fabrik" folgend, sollte die Architektur der Fabrikanlage durch großflächige Glasfronten Luft und Raum für zeitgemäße Arbeitsbereiche schaffen.

Palästina: Die Kulturlandschaft von Süd-Jerusalem, Battir, ist als das "Land der Oliven und des Weins" bekannt. Die bäuerlichen Traditionen haben die Landschaft mit ihren charakteristischen Terrassenfeldern und einem Jahrhunderte alten Bewässerungssystem geprägt. Das Dorf Battir, ein paar Kilometer südwestlich von Jerusalem in der Bergregion zwischen Nablus und Hebron gelegen, ist eines der wenigen Dörfer in Palästina, wo die typische Terrassenlandwirtschaft der Region heute noch lebendig ist. Doch die Authentizität der Kulturlandschaft ist gefährdet. Gleichzeitig mit der Einschreibung in die Welterbeliste erfolgte der Eintrag in die "Liste des bedrohten Welterbes". Grund ist der von Israel geplante Bau einer Sperranlage in Battir. Die Sperranlage würde die Bauern von ihren Feldern abschneiden und die alte Kulturlandschaft zerstören.

Russland: Das Historische Zentrum und die archäologischen Stätten von Bolgar sind ein Pilgerort tatarischer Muslime. Die Stadt Bolgar am Zusammenfluss von Wolga und Kama war einst ein islamisches Zentrum in Russland und gehörte zum Reich der muslimischen Wolgabulgaren, das vom 7. bis 15. Jahrhundert existierte. Im 13. Jahrhundert wurde Bolgar die erste Hauptstadt und religiöser Mittelpunkt des Khanats der Goldenen Horde. Muslimische Baudenkmäler aus dem 13. und 14. Jahrhundert sind als Zeugnisse der tatarischen Vergangenheit der Stadt bis heute fast unversehrt erhalten geblieben.

Saudi-Arabien: Die Altstadt von Dschidda gilt als das "Tor nach Mekka". Dschidda, an der Ostküste des Roten Meeres gelegen, war seit dem 7. Jahrhundert einer der wichtigsten Häfen auf den Handelsstraßen im Indischen Ozean. Von hier aus wurden Handelswaren nach Mekka gebracht. Es war aber auch das Tor für die aus Mekka kommenden muslimischen Pilger. Durch diese Doppelrolle entwickelte sich die Stadt zu einem blühenden multikulturellen Handelszentrum. Hiervon zeugen die prachtvollen, aus glänzenden weißen Korallenblöcken erbauten Paläste und Stadtvillen der Kaufmannsfamilien. In der Architektur der Altstadt spiegeln sich die Einflüsse unterschiedlicher Kulturen und Bautraditionen.

Türkei: Bursa und Cumalikizik: die Wiege des Osmanischen Reichs. Bursa war die erste Hauptstadt des Osmanischen Reiches und illustriert die städtische Kultur der Osmanen im frühen 14. Jahrhundert. Zu den bedeutendsten wirtschaftlichen, sozialen und religiösen Einrichtungen aus dieser Zeit gehören das Geschäftsviertel der Khane, Külliyen (religiöse Stiftungen), Moscheen, Religionsschulen, öffentliche Bäder und eine Armenküche. In Bursa befindet sich auch das Grab von Orhan Ghazi, dem Gründer des Osmanischen Reiches. An Bursa angeschlossen ist das Dorf Cumalikizik, das die Versorgung der Hauptstadt unterstützte. Cumalikizik ist eines der wenigen Beispiele der ländlichen Architektur aus der osmanischen Zeit. Das Dorf pflegt auch heute noch die traditionelle Lebensweise.

Das antike Pergamon und seine Kulturlandschaft an der Ägäisküste im Nordwesten der Türkei wurde ebenfalls als Weltkulturerbe anerkannt. Die Akropolis von Pergamon war die Hauptstadt der hellenistischen Dynastie der Attaliden und ein wichtiges Bildungszentrum in der antiken Welt. Die archäologische Stätte umfasst mehrere Tempel, Säulenhallen, Altäre, das Gymnasion und die Bibliothek. Auch Reste der weitläufigen Stadtmauer sind erhalten. Auf dem Berg Aspordenon im Nordwesten der Akropolis befindet sich das Heiligtum der Meter (Kybele). Die Akropolis ist umgeben von einer vielschichtigen Kulturlandschaft, in der zahlreiche Spuren der hellenistischen, römischen, ost-römischen und osmanischen Kulturen zu finden sind.

Vereinigte Staaten von Amerika: Die monumentalen Erdwerke von Poverty Point verdanken ihren Namen einer gleichnamigen Plantage aus dem 19. Jahrhundert, in deren Nähe die Erdwerke entdeckt wurden. Der archäologische Fundort liegt im Bundesstaat Louisiana am unteren Flusstal des Mississippi. Der Komplex besteht aus fünf Hügeln und sechs Erdwällen in Form von konzentrischen Halbellipsen, die durch flache Vertiefungen von einem zentralen Platz getrennt sind. Erschaffen wurden die Erdwerke zwischen 3.700 und 3.100 v. Chr. von einer indigenen Gemeinschaft von Jägern, Sammlern und Fischern. Forscher gehen davon aus, dass die Erdwerke für zeremonielle Zwecke genutzt wurden.

Kultur- und Naturerbe

Vietnam: Trang An ist eine malerische Naturlandschaft im Delta des Roten Flusses. Die Karstlandschaft verzaubert mit spektakulären Sandsteinfelsen, fast senkrechten Klippen und zahllosen Höhlen und Wassergrotten. In einigen Felshöhlen finden sich archäologische Spuren menschlicher Aktivitäten, die Rückschlüsse auf das Leben von Jägern und Sammlern vor 30.000 Jahren erlauben. Das Welterbekomitee hat Trang An daher als Natur- und Kulturerbe anerkannt. Eingeschlossen in den geschützten Landschaftskomplex sind die alte Hauptstadt Vietnams Hoa Lu mit ihren Tempeln und Pagoden aus dem 10. und 11. Jahrhundert sowie die umliegenden traditionellen Dörfer und die für die Kulturlandschaft charakteristischen Reisfelder.

Zu den "mixed sites" gehört auch eine Stätte aus Mexiko: 2002 hatte die UNESCO die Maya-Stadt Calakmul und die tropischen Regenwälder in Campeche in die Welterbeliste aufgenommen. Auf seiner diesjährigen Tagung hat das Welterbekomitee beschlossen, das als Welterbe geschützte Gebiet zu erweitern. Die einstige Maya-Hauptstadt Calakmul liegt inmitten des Regenwaldes und damit im Bereich des mesoamerikanischen Biodiversitäts-Hotspots. Dieser Hotspot ist der drittgrößte der Welt und umfasst alle subtropischen und tropischen Ökosysteme von Zentralmexiko bis zum Panamakanal.

Auf der UNESCO-Liste des Welterbes stehen jetzt insgesamt 1.007 Stätten aus 161 Ländern: 779 Kulturerbestätten und 197 Naturerbestätten, 31 Stätten zählen sowohl zum Kultur- als auch zum Naturerbe. Deutschland ist mit 39 Stätten auf der Welterbeliste vertreten.

 
veröffentlicht 2014

Der Artikel ist im Juli 2014 auf dem Webportal
unesco.de erschienen.

   
Der Artikel ist erschienen in unesco heute online, Newsletter der Deutschen UNESCO-Kommission, Juli 2014.    
SITEMAP
Über uns Leistungen Referenzen Kontakt  
Profil Text & Redaktion Kunden Impressum  
Idee Web & Content-Pflege Referenzprojekte    
Partner PR-Beratung Artikelwerkstatt    
  Lektorat      
         
         
    kskom.de