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Naturparadiese und Kulturschätze der Menschheit

Die 19 neuen UNESCO-Welterbestätten

Von Kurt Schlünkes

Das Welterbekomitee der UNESCO hat auf seiner 37. Tagung im Juni 2013 in Phnom Penh, Kambodscha, insgesamt 19 Stätten neu in die Liste des Welterbes aufgenommen. Dazu zählen der Ätna auf Sizilien, die Namib-Wüste, der heilige Berg Fuji, das Universitätsviertel von Coimbra und der Bergpark Wilhelmshöhe in Kassel. Damit stehen nun weltweit 981 Stätten auf der UNESCO-Welterbeliste. Deutschland ist in der Liste jetzt mit 38 Stätten vertreten.

Als Weltnaturerbe wurde das Tian Shan-Gebirge in China anerkannt. Es ist eine einzigartige und wechselvolle Naturlandschaft. Schneebedeckte Gipfel und Gletscher, spektakuläre Felsformationen und rote Schluchten, unberührte Wälder, Seen und Steppenlandschaften formen ein kontrastreiches Landschaftsbild. Das Schutzgebiet in der Provinz Xinjiang erstreckt sich bis zur Taklamakan-Wüste, einer der größten Wüsten der Erde mit teils über 100 Meter hohen Sanddünen.

Aus Italien wurde der Ätna neu in die Welterbeliste aufgenommen. Er ist der höchste Vulkan Europas und der aktivste Vulkan der Welt. Der erste schriftlich dokumentierte Ausbruch des Vulkans ist auf 693 Jahre v. Chr. datiert. Die Eruptionsgeschichte des Ätna hat weithin die Vulkanologie, Geophysik und andere Disziplinen der Geowissenschaft beeinflusst.

Von wissenschaftlicher Bedeutung ist ebenfalls die Vulkanlandschaft des Biosphärenreservats El Pinacate y Gran Desierto de Altar in Mexiko. Die tiefen und fast kreisrunden Krater sowie die schwarzen und roten Lavaströme machen den Reiz dieser bizarren Naturlandschaft aus. Teil des Biosphärenreservats ist die Wüstenlandschaft Sonora im gleichnamigen Bundesstaat. Die Sonora-Wüste ist eine der artenreichsten Wüstenregionen der Erde.

Für ihre außergewöhnliche Artenvielfalt und ihre riesigen, bis zu 300 Meter hohen Sanddünen ist die Namib-Wüste in Namibia bekannt. Obwohl sie direkt am Atlantik liegt, ist sie eine der trockensten und zugleich ältesten Wüsten der Welt. In der Sprache der Khoi Khoi bedeutet Namib soviel wie "Große Leere". Der lebensfeindlichen Umgebung haben sich Tiere und Pflanzen angepasst. Insekten und Reptilien haben spezielle Gliedmaßen entwickelt. Käfer zapfen Wasser aus dem Nebel. Pflanzen bilden dickfleischige Blätter und werden über tausend Jahre alt. Eine Vielzahl von Mikrohabitaten und ökologischen Nischen sind nur in der Namib-Wüste zu finden. Den Nominierungsantrag Namibias hat die Deutsche UNESCO-Kommission fachlich unterstützt. Auf Vermittlung der DUK stellte die Deutsche Stiftung Welterbe Fördergelder für die Ausarbeitung des Nominierungsdossiers bereit.

Wie Namibia ist auch Tadschikistan nun mit zwei Stätten in der Welterbeliste vertreten. Neu aufgenommen wurde der Nationalpark Pamirgebirge. Der Pamir ist der Knotenpunkt der höchsten Gebirgsketten auf dem eurasischen Kontinent. Die schroffen Gipfel der Hochebenen im Osten und Westen erreichen Höhen von über 7.000 Meter. Im Pamirgebirge befindet sich der längste Gletscher außerhalb der Polarregion. In dem über 2,5 Millionen Hektar großen Schutzgebiet gibt es mehr als 1.000 Gletscher, 170 Flüsse und über 400 Seen. Der außergewöhnliche Pflanzenreichtum des Nationalparks ist die Lebensgrundlage für seltene Vogel- und Säugetierarten, wie Riesenwildschafe, Schneeleoparden und sibirische Steinböcke. Aufgrund häufiger und starker Erdbeben ist der Park dünn besiedelt und nahezu unbeeinflusst von der Landwirtschaft.

Zwei Naturerbestätten wurden erweitert. Als Erweiterung des Nationalparks Mount Kenya hat die UNESCO das Lewa-Wildschutzgebiet in die Welterbeliste eingeschrieben. Das Schutzgebiet in der Savannenlandschaft liegt auf der Wanderroute des Afrikanischen Elefanten. Der Nationalpark Mount Kenia, der seit 1997 zum Weltnaturerbe zählt, hat eine große Bedeutung für die Erhaltung gefährdeter Tiere, wie Nashörner, Leoparden und seltene Primatenarten.

Als Erweiterung des Naturparks Drakensberg in Südafrika wurde der Nationalpark Sehlabathebe in Lesotho in die UNESCO-Liste aufgenommen. Der Nationalpark ist ein wichtiges Schutzgebiet für vom Aussterben bedrohte Geierarten, wie Kapgeier und Bartgeier, seltene Fischarten und 250 endemische Pflanzenarten. Von kultureller Bedeutung sind die 4.000 Jahre alten Felsmalereien der San, einem Volk von Jägern und Sammlern, das sich im Bergland von Lesotho ansiedelte. Die nun grenzüberschreitende Welterbestätte "Maloti-Drakensberg-Park" wird sowohl zum Naturerbe als auch zum Kulturerbe gezählt. Lesotho verzeichnet damit seinen ersten Eintrag auf der Welterbeliste.

Erstmals sind auch die Republik Fidschi und Katar in der Welterbeliste vertreten. Aus Fidschi wurde die historische Hafenstadt Levuka als Weltkulturerbe anerkannt. Levuka wurde 1874 die erste Hauptstadt der britischen Kronkolonie auf den Fidschi-Inseln und entwickelte sich im späten 19. Jahrhundert zu einem bedeutenden Zwischenhafen für den Handel im pazifischen Seeraum. Levuka ist das am besten erhaltene Beispiel einer von kolonialem Einfluss und Lebensstil geprägten Hafenstadt im Südpazifik.

Katar hat mit der archäologischen Stadt Al Zubarah seine erste Welterbestätte bekommen. Die von Kaufleuten aus Kuwait gegründete Küstenstadt am Persischen Golf war bis zum frühen 19. Jahrhundert ein blühendes Zentrum des Perlenhandels. 1811 wurde die Stadt zerstört. Erhalten blieben Überreste von Palästen, Moscheen, Wohnhäusern und Fischerhütten und eine Befestigungsanlage mit mächtigen Wachtürmen, umringt von dicken Lehmmauern.

Niger kann sich über den dritten Eintrag auf der Liste freuen. Zum Weltkulturerbe zählt nun auch das historische Zentrum von Agadez. Am südlichen Rand der Sahara gelegen, gilt Agadez als das "Tor zur Wüste" und war ein wichtiger Knotenpunkt des Karawanenhandels. Die Altstadt von Agadez ist berühmt für ihre Lehmarchitektur aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Das 27 Meter hohe Minarett von Agadez ist der höchste erhaltene Lehmbau der Welt.

Aus China wurde mit den Reisterrassen von Honghe in der Provinz Yunnan eine weitere Kulturlandschaft aufgenommen. Vor über 1.000 Jahren hat das Volk der Hani die Reisterrassen angelegt, die durch ein komplexes Kanalsystem mit Wasser aus dem Ailao-Gebirge versorgt werden.

Vier weitere Stätten in Asien erhielten den UNESCO-Titel: Die Bergfestungen von Rajasthan in Indien zeugen von der Macht der Rajputenfürsten, die vom 8. bis 18. Jahrhundert großen Einfluss auf die Geschichte und Kultur der Region ausübten. Der Golestanpalast in der iranischen Hauptstadt Teheran war der einstige Sitz der persischen Monarchen. Die Grundmauern des Palastes gehen auf das 16. Jahrhundert zurück, die reichen Verzierungen stammen aus dem 19. Jahrhundert. In Japan gilt der Fudschijama als heiliger Ort. Aufgrund seiner religiösen Bedeutung als Pilgerstätte sowie als Quelle der künstlerischen Inspiration wurde der 3.776 Meter hohe Berg als Kultur- und nicht als Naturerbe ausgezeichnet. Die alte Königshauptstadt Kaesong in Nordkorea verkörpert mit ihren Palästen, Tempeln und Grabanlagen die kulturellen, politischen und spirituellen Werte der Koryo-Dynastie im 10. bis 14. Jahrhundert.

Zum Weltkulturerbe in Deutschland gehört jetzt auch der Bergpark Wilhelmshöhe in Kassel. Das Welterbekomitee würdige die über 300 Jahre alte Kulturlandschaft mit ihren weltweit einmaligen Wasserspielen und der berühmten Herkulesstatue als "ein authentisches Beispiel für die Landschaftsarchitektur des Europäischen Absolutismus".

Aus Italien wurden die Villen und Gärten der Medici in der Toskana neu in die Welterbeliste aufgenommen. Die zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert erbauten Landvillen zeugen von der Macht der Bankiersfamilie Medici und ihrem Einfluss auf die moderne europäische Kultur und die Förderung der Wissenschaft und Künste. Die Villen verkörpern die in der Frührenaissance beginnende Hinwendung zur Natur und das Streben nach Muße. Die Architektur der Villen und Gärten, die sich harmonisch in die Landschaftsumgebung einfügt, wurde zum Vorbild für fürstliche Residenzen in ganz Italien und Europa. Die reichen Handelsstädte der Toskana und deren Hauptstadt Florenz waren die Keimzelle der italienischen Renaissance und des Humanismus.

Red Bay in Kanada ist das früheste und am besten erhaltene Zeugnis der europäischen Walfang-Tradition. Baskische Seefahrer haben im 16. Jahrhundert die "Gran Baya" auf der kanadischen Halbinsel Labrador an der Belle-Isle-Straße als Küstenbasis für den Walfang gegründet. In der Station wurden die Wale zerlegt und ihr Fett zu Walöl verarbeitet, das in Europa als wichtiger Grundstoff zur Beleuchtung sehr gefragt war. Noch heute sieht man die Reste von Schmelzöfen, Küfereien, Wohnstätten und eines Friedhofs sowie versunkene Schiffswracks und Überreste von Walknochen.

Aus Portugal wurde das Universitätsviertel von Coimbra ins Welterbe aufgenommen. Über Jahrhunderte war Coimbra das kulturelle und intellektuelle Zentrum Portugals. Die Universität von Coimbra ist die älteste Universität des Landes. 1290 in Lissabon gegründet, wurde die Universität 1308 nach Coimbra verlegt. 1537 zog die Universität in den ehemaligen königlichen Palast auf dem Stadthügel Alcáçova. Zu den historischen Gebäuden der Universitätsstadt zählen außerdem die mit barockem Dekor reich verzierte Joanina-Bibliothek, die Universitätskirche und der botanische Garten aus dem 18. Jahrhundert.

Die Ukraine verzeichnet zwei Neueinträge auf der UNESCO-Liste: Zum Weltkulturerbe zählt nun auch die antike Stadt auf der Halbinsel "Taurische Chersones", einer griechischen Kolonie auf der Krim aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. Von der einstigen Stadtstruktur sind Reste von Wehranlagen, öffentlichen Gebäuden, Tempeln, eines Theaters und einer Wasserversorgung erhalten. Zu einer antiken Polis gehörte stets auch eine Chora, ein Landgebiet, im dem der überwiegende Teil der Bevölkerung als Bauern lebte. Hiervon zeugen Überreste von Wohnsiedlungen und rechteckig angelegten landwirtschaftlichen Parzellen.

Ein gemeinsames Erbe Polens und der Ukraine sind die Holzkirchen in den Karpaten. Die volkstümlichen Holzkirchen haben eine über tausend Jahre alte Bautradition und prägen bis heute das Landschaftsbild des Waldgebirges. Typisch für die Kirchen ist die Blockbauweise, bei der die Holzbalken waagerecht übereinander gelegt werden. So entstehen mehrere miteinander verbundene Räume, die unterschiedlichen liturgischen Bestimmungen zugeordnet sind. Im Außenbau ergibt diese Raumfolge das malerische Bild eines Gruppenbaus mit gestaffelten Turmgruppen. Für die Welterbeliste wurden jeweils acht Kirchen aus beiden Ländern ausgewählt, die die unterschiedlichen lokalen Traditionen in ihrer Vielfalt und Typologie widerspiegeln.

Eine Kulturerbestätte wurde erweitert: Zum Weltkulturerbe Polens zählt neben dem Salzbergwerk Wieliczka nun auch das Königliche Salzbergwerk in Bochnia. Schon seit dem 13. Jahrhundert wird in Bochnia Steinsalz abgebaut, damit ist das Bergwerk das älteste seiner Art in Europa. Der Besuch des Bergwerks verspricht eine faszinierende Pilgerreise, die durch Galerien mit Wandbildern und Skulpturen und zu unterirdischen Kapellen mit vergoldeten Altären führt.

 
veröffentlicht 2013

Der Artikel ist im Juli 2013 auf dem Webportal
unesco.de erschienen.

   
 Der Artikel ist erschienen in unesco heute online, Newsletter der Deutschen UNESCO-Kommission, Juli 2013.    
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