19
neue Biosphärenreservate
Die
Halligen wurden in das UNESCO-Netzwerk aufgenommen
Von
Kurt Schlünkes
Die UNESCO hat 19 Naturlandschaften aus 13 Ländern neu
in die Liste der Biosphärenreservate aufgenommen, darunter
das Gebiet des Mount Everest in China, die Pripjetsümpfe in
Belarus und das Delta des Roten Flusses in Vietnam. Auch der
deutsche Antrag zur Aufnahme der Halligen als Entwicklungszone
des Biosphärenreservats Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer
fand die Zustimmung des Internationalen Koordinierungsrates
für das UNESCO-Programm "Der Mensch und die Biosphäre", der
vom 25. bis 29. Oktober 2004 in Paris tagte.
Mit
dem wissenschaftlichen Langzeitprogramm "Der Mensch und die
Biosphäre" (MAB) hat die UNESCO vor über 30 Jahren den Weg
für eine nachhaltige Entwicklung bereitet. Biosphärenreservate
sind von der UNESCO anerkannte Modellregionen, in denen nachhaltige
Entwicklung mit den drei Komponenten Ökologie, Ökonomie und
Bildung realisiert wird. Weltweit gibt es 459 Biosphärenreservate
in 97 Staaten. Im Oktober 2004 hat die UNESCO folgende Gebiete
neu in die Liste der Biosphärenreservate aufgenommen:
Algerien:
Das Biosphärenreservat Gouraya umfasst malerische Küstenlandschaften
mit einer außergewöhnlichen natürlichen Vielfalt. Um den Schutz
der Ökosysteme mit der wirtschaftlichen Entwicklung der Region
in Einklang zu bringen, werden Konzepte für eine nachhaltige
Landwirtschaft und einen umweltverträglichen Tourismus umgesetzt.
Ökotourismus gehört auch zur Strategie des Biosphärenreservates
Taza, das wegen seiner spektakulären Felsküsten und Sandstrände
ein beliebtes Reiseziel ist. Das UNESCO-Label hilft dabei,
die ökonomische Entwicklung der Region voranzutreiben, ohne
die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen. Wirtschaftliche
Interessen hatten in früherer Zeit zum Raubbau an den Waldflächen
und zur Gefährdung der hier lebenden Berberaffen beigetragen.
Mit
der Aufnahme des Biosphärenreservates Pribuzhskoye-Polesie
hat das MAB-Programm den Grundstein gelegt für eine trilaterale
grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Umweltschutz zwischen
Belarus, dem Biosphärenreservat West-Polesie in Polen
und dem Biosphärenreservat Shatskiy in der Ukraine. Die drei
Reservate formen zusammen eine riesige Schutzzone in Europas
größtem Sumpfgebiet, den Pripjetsümpfen. Während der Schneeschmelze
verwandeln der Pripjet und seine Nebenflüsse die waldreiche
Niederung in eine Wildnis aus Seen, Sümpfen und Waldinseln.
China
hat zwei neue UNESCO-Biosphärenreservate. Das Biosphärenreservat
Foping ist für die Forschung von großem Wert. Es ist der
Lebensraum des Riesenpandas und zahlreicher Arten von Heilpflanzen.
Im Qomolangma-Biosphärenreservat im chinesischen Teil
des Himalaja befindet sich der höchste Berg der Welt: "Qomolangma"
ist der chinesische Name für den Mount Everest. Das Reservat
schützt äußerst seltene alpine Ökosysteme und bewahrt kulturelle
Zeugnisse der reichen Geschichte Tibets.
Ebenfalls
im Himalaja-Gebirge liegt das Biosphärenreservat Nanda
Devi im Norden Indiens. Die Kernzone bilden der
nach der "Göttin der Freude" benannte Nationalpark Nanda Devi,
der auch auf der Welterbeliste der UNESCO verzeichnet ist,
und das "Tal der Blumen". In dem langgestreckten Tal gibt
es über 1.000 verschiedene Blumenarten.
Italien:
Das Biosphärenreservat Selva Pisana ist ein Küstengebiet
in der Toskana. Teil des Reservates ist der Regionalpark "Parco
di Migliarino, San Rossore, Massaciuccoli", der mit der Stadt
Pisa im Bereich der sozioökonomischen Entwicklung zusammenarbeitet.
Aus
Kanada wurde das Biosphärenreservat Georgian Bay
in das MAB-Netzwerk aufgenommen, das den Ostteil des Lake
Huron und die Quellgebiete des St. Lawrence River umfasst.
Es ist eines der größten Trinkwasserarchipele der Welt.
Das
Biosphärenreservat Berg Kuwol in der Demokratischen
Volksrepublik Korea ist ein wichtiges Reisanbaugebiet.
Hier geht es um eine Balance zwischen Nahrungsmittelproduktion,
Wasserwirtschaft und ökologischen Interessen. Die charakteristische
Kulturlandschaft ist vom Buddhismus und von frühen Kulturtraditionen
Koreas geprägt.
Mexiko:
Die Biosphärenreservate Ría Celestún und Ría Lagartos
umschließen zwei Küstengebiete am Golf von Mexiko und der
Halbinsel Yucatan. Sie wurden auch im Rahmen des internationalen
Übereinkommens über Feuchtgebiete, der sogenannten "Ramsar-Konvention",
unter Schutz gestellt.
Russland
verzeichnet drei weitere Biosphärenreservate: Kedrovaya
Pad, an der Pazifikküste nahe der Grenze zu China gelegen,
dient der Erhaltung bedrohter Arten, wie dem Amur-Leoparden.
Zum Biosphärenreservat Kenozerskiy gehören unberührte
Waldökosysteme der Taiga. Das Biosphärenreservat Valdaisky
erprobt Konzepte zur nachhaltigen Bewirtschaftung, um neue
Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen. Der Nationalpark
Valdai-Höhe ist Teil des Reservats.
Slowenien:
Im Biosphärenreservat Karst befinden sich die berühmten
Höhlen von Skocjan, die auch zum Weltnaturerbe der UNESCO
gehören. Zu den Aufgaben des Reservates zählt die Erforschung
der Tropfsteinbildung und der hydrologischen Prozesse in den
unterirdischen Höhlensystemen und Gewässernetzen. Um das Naturerbe
zu erhalten, wird die Landwirtschaft im Karst-Gebiet auf umweltschonende
Praktiken umgestellt, die Wasserverschmutzung durch Düngemittel
und Abwasser wird streng kontrolliert.
Spanien:
Das Biosphärenreservat Babia in der autonomen nordspanischen
Region Castilla y León wurde als zusätzliche Komponente in
den mehrere Biosphärenreservate umfassenden Verbund des "Gran
Reserva de Biosfera Cantabrica" im Kantabrischen Gebirge aufgenommen.
Sri Lanka: Zum Biosphärenreservat Kanneliya-Dediyagala-Nakiyadeniya
gehören Bestände des tropischen Regenwalds und eine Wasserscheide,
die viele Flüsse und Ströme speist. Sie hat eine essenzielle
Bedeutung für die Landwirtschaft und Energieproduktion in
der Region.
In
der Nachbarschaft der Welterbestätte Ha Long Bay im Norden
Vietnams befindet sich das Biosphärenreservat Cat
Ba. Das Archipel ist die Heimat des Goldkopflangur, der
am stärksten bedrohten Affenart der Welt. Das Delta des
Roten Flusses wurde ebenfalls als Biosphärenreservat anerkannt.
Kernzone ist ein durch die Ramsar-Konvention geschütztes Feuchtgebiet
mit wertvollen Mangrovenwald-Beständen. In der Entwicklungszone
konzentrieren sich die Aktivitäten auf ein nachhaltiges Fischerei-System,
da die Region vor allem vom Fischfang lebt.
Außerdem
stand die Erweiterung schon bestehender Reservate auf der
Tagesordnung des MAB-Rates. Positive Beschlüsse fasste er
zu Anträgen Spaniens und Deutschlands. Das Biosphärenreservat
Menorca wird um ein maritimes Schutzgebiet erweitert.
Das Biosphärenreservat Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer
wird vergrößert: die Halligen Langeneß, Oland, Hooge, Gröde
und Nordstrandischmoor werden als Entwicklungszone integriert.
UNESCO-Label
für die Halligen
Die
Initiative ging von den Halligbewohnern selbst aus, die auf
die Auszeichnung als UNESCO-Modellregion große Hoffnungen
setzen. Das Prädikat "Biosphärenreservat" wollen sie in der
Tourismuswerbung und bei der Vermarktung umweltverträglich
erzeugter Produkte nutzen. Dies steht nicht im Widerspruch
zu den Zielen des UNESCO-Programms "Der Mensch und die Biosphäre",
sondern es gehört zum Konzept. Naturschutz ist ein Teil der
Aufgabe, im Vordergrund steht in Biosphärenreservaten der
Mensch. Nachhaltige Landwirtschaft und Fischerei, Tourismus
und Gewerbe sollen den Bewohnern eine dauerhafte Existenz
im Einklang mit der Natur bieten. Naturschutz und Entwicklung
gehen eine Partnerschaft ein, um die einzigartige Welt der
Halligen zu erhalten.
Halligen
sind unbedeichte Marschinseln und stellen eine Besonderheit
des nordfriesischen Wattenmeeres dar. Sie sind charakteristischer
Bestandteil dieses Ökosystems und haben als natürliche Wellenbrecher
auch für den Küstenschutz eine wichtige Funktion. Die Halligen
sind Brutplatz für Wat- und Wasservögel und Nahrungsgebiet
für nordische Meeresgänse und Pfeifenten.
Eine
"Ringelgansentschädigung" und eine Prämie für die Nichtnutzung
natürlich belassener Salzwiesen sind nur zwei Beispiele für
die Förderung einer umweltschonenden Landwirtschaft, wie sie
auf den Halligen betrieben wird. Landwirtschaft ist neben
dem Tourismus die wichtigste Erwerbsquelle für die einheimische
Bevölkerung.
Die
Halligstiftung und das Nationalparkamt haben die Antragstellung
zur Aufnahme der Halligen als Entwicklungszone in das Biosphärenreservat
Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer vorbereitet und auch finanziert.
Das Schleswig-Holsteinische Wattenmeer wurde 1999 als Biosphärenreservat
anerkannt. Deutschland ist mit 14 Modelllandschaften auf der
UNESCO-Liste der Biosphärenreservate repräsentiert.
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veröffentlicht
2004 |
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