Vom
Klein-Sein zum Einstein
Modellprojekte
zur frühkindlichen Bildung
Von
Kurt Schlünkes
Gemeinsam mit der BASF SE haben Ludwigshafener Kindertagesstätten
sieben modellhafte Lernprojekte entwickelt, um die frühkindliche
Bildung zu fördern. Für ihr Engagement erhalten sie
eine Auszeichnung der Deutschen UNESCO-Kommission. Die
Initiative "Offensive Bildung" wird auf der 69. Hauptversammlung
der Deutschen UNESCO-Kommission am 25. Juni 2009 in
Brühl vorgestellt.
Das
Lernen in der frühen Kindheit ist entscheidend für den
späteren Lebensweg. Bildung beginnt lange vor dem ersten
Schultag. Die Förderung der frühkindlichen Bildung ist
deshalb ein wesentliches Ziel des UNESCO-Programms "Bildung
für alle". Der Weltbildungsbericht der UNESCO aus dem
Jahr 2007 macht deutlich, wie wichtig der Bereich der
frühkindlichen Förderung ist. Die ersten Jahre eines
Kindes prägen seine körperliche, kognitive, soziale
und emotionale Entwicklung. Die positiven Effekte einer
ganzheitlichen Förderung wirken weit über die frühe
Kindheit hinaus. Durch frühkindliche Bildung werden
die Weichen für den Lernerfolg in der Schulzeit gestellt.
Gleichzeitig können durch frühe Förderprogramme für
alle Kinder unterschiedliche soziale Voraussetzungen
ausgeglichen werden. Vor allem für benachteiligte Kinder
ist der frühzeitige Zugang zur Bildung eine Chance.
Die
Initiative "Offensive Bildung"
Seit
Anfang 2005 gibt es die Initiative, die gemeinsam von
der BASF SE, der Stadt Ludwigshafen und kirchlichen
Trägern gegründet wurde. Die Deutsche UNESCO-Kommission
hat 2008 die Schirmherrschaft für die "Offensive Bildung"
übernommen.
Die
Initiative "Offensive Bildung" engagiert sich für qualitativ
hochwertige Angebote zur Bildungsförderung von Kindern
im Vorschulalter. Im Rahmen der Initiative haben Ludwigshafener
Kindertagesstätten sieben Projekte aus der Praxis heraus
entwickelt. Sie dienen der Weiterentwicklung von Qualitätsstandards
in der Frühpädagogik, der Qualifizierung von Fachkräften
und als Modellprojekte für andere Kindertagesstätten
in der Region.
In der kindlichen Entwicklung gibt es viele Faktoren,
die wichtige Bedeutung für den Bildungserwerb haben.
Dazu gehören nicht nur das sprachliche und soziale Lernen,
sondern auch das naturwissenschaftliche und mathematische
Denken. Kinder im Vorschulalter sind neugierig und beobachten
ihre Umwelt genau. Durch gezielte Förderung werden sie
zu kreativen Lernprozessen angeleitet und entwickeln
Freude und Neugier am Lernen. Ausgehend von der Idee
einer individuellen und ganzheitlichen Förderung, die
sich nicht auf die Vermittlung schulischer Inhalte beschränkt,
haben die Kindertagesstätten der "Offensive Bildung"
neue Lernprojekte entwickelt. Sie richten sich auf die
Bereiche Naturpädagogik, Naturwissenschaften, Sprache,
interkulturelle Begegnung, Erzählkultur und künstlerische
Bildung.
Spielend
die Welt entdecken
In
dem Projekt "Vom Klein-Sein zum Einstein" sollen Kinder
die Welt der Mathematik entdecken. Denn wie der britische
Philosoph und Mathematiker William K. Clifford einmal
sagte, ist "die Mathematik das Tor zur Naturwissenschaft,
und dieses Tor ist so eng und klein, dass man nur als
kleines Kind hineinkommen kann." Spielerisch werden
die Kinder beim Zählen, Messen und Vergleichen an das
naturwissenschaftliche Denken, an Chemie, Physik und
Mathematik herangeführt. In der Kita wurden dafür eigens
Lernwerkstätten mit geeignetem Spielmaterial zum Experimentieren
eingerichtet.
"Kinder
lernen von und in der Natur" ist das Motto des Projekts
"Natur Pur". Es soll das Interesse von Kindern für ihre
natürliche Umwelt fördern. In naturnah gestalteten Spielbereichen
lernen die Kinder Prozesse des Wachsens und Werdens,
des Pflegens und Erntens kennen und erfahren, wie sie
selbst ihre Lebensumwelt mitgestalten können. Zum aktiven
Lernen in der Natur lädt das Haus der Naturpädagogik
im Wildpark Ludwigshafen-Rheingönheim ein.
"Sprache
macht stark!" heißt ein Projekt zur Sprachentwicklung
für zwei- bis vierjährige Kinder unterschiedlicher sozialer
und kultureller Herkunft. Es zeigt, wie die sprachliche
Entwicklung als Schlüssel zur Integration in der Kita
gefördert werden kann. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt
das Projekt "Erzählwerkstatt": Das lebendige Erzählen
von Geschichten aus verschiedenen Kulturkreisen fasziniert
die Kinder und hilft ihnen, ihre eigene und fremde Kulturen
besser zu verstehen.
Auch
das künstlerische und kreative Gestalten ist eine Lernerfahrung,
die für die kindliche Entwicklung wichtig ist. Das Projekt
"Von Piccolo bis Picasso" erweitert das künstlerische
Angebot in den Kindertagesstätten. Einzelne Kitas werden
dabei unterstützt, ein eigenes Kinderatelier aufzubauen.
Die Werke der kleinen Künstler werden vom 3. Juli
bis 12. Juli 2009 im Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen
ausgestellt.
Weiterbildung
von Pädagogen
Mit
der Wertschätzung der geleisteten Arbeit in den Kindertagesstätten
geht die intensive Aus- und Weiterbildung von Pädagogen
einher. In dem Projekt "Beobachtung und Erziehungspartnerschaft"
hat die Initiative "Offensive Bildung" die Kita-Fachkräfte
darin ausgebildet, kindliche Entwicklungsverläufe und
die Interessen und Stärken der Kinder systematisch zu
beobachten, in einer Lerndokumentation festzuhalten
und für die pädagogische Planung zu nutzen. Auch bei
der Umsetzung der Projekte im Alltag der Kita wurden
die Erzieherinnen und Erzieher fachlich begleitet. Das
Projekt "Qualität von Anfang an" widmete sich der Weiterentwicklung
von Qualitätsstandards in den beteiligten Kitas.
Die
gesammelten Erfahrungen werden durch die Konsultationskitas
der Initiative "Offensive Bildung" an andere interessierte
Kindertagesstätten und Bildungsträger weitergegeben.
Im Herbst 2008 wurde die "Offensive Bildung" über Ludwigshafen
hinaus ausgeweitet. Die Projekte werden inzwischen in
170 Kindertagesstätten der Rhein-Neckar-Region umgesetzt.
Über 1.000 pädagogische Fachkräfte haben im Rahmen der
Initiative an Fortbildungen und Hospitationen teilgenommen.
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