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Klimaschutz und nachhaltige Mobilität

Biosphärenreservat Vessertal-Thüringer Wald auf der Bundesgartenschau

Von Kurt Schlünkes

Klimaschutz und wirtschaftliche Entwicklung schließen sich einander nicht aus. Tourismus in der Natur und Schutz der Ökosysteme müssen keine Gegensätze sein. Das beweist das UNESCO-Biosphärenreservat Vessertal-Thüringer Wald. Auf der Bundesgartenschau stellt es vom 14. bis 20. September 2009 seine Modellprojekte für eine nachhaltige Entwicklung vor.

Das Biosphärenreservat liegt inmitten des Thüringer Waldes zwischen Ilmenau, Schleusingen und Suhl. Es wird durchkreuzt vom "Rennsteig", einem der beliebtesten Höhenwanderwege Deutschlands. Der historische Pfad über den höchsten Berg Thüringens folgt der Kammlinie mehr als einhundertsechzig Kilometer. Ihn zu erwandern, ist ein Naturgenuss mit ergreifenden Panoramablicken: Ausgedehnte Buchen- und Fichtenwälder, urwüchsige Moorlandschaft, Berge mit tief eingeschnittenen Tälern, bunte Bergwiesen und sprudelnde Bäche – das ist der Thüringer Wald.

30 Jahre UNESCO-Biosphärenreservat

Das Tal der Vesser ist die Keimzelle des Biosphärenreservats. Schon 1939 wurde das Vessertal als eines der größten Naturschutzgebiete Thüringens, mit einer Fläche von 13,84 Quadratkilometern, ausgewiesen. Auf Antrag der damaligen DDR-Regierung hat die UNESCO das Vessertal am 24. November 1979 als Biosphärenreservat anerkannt. Es ist damit, neben der Flusslandschaft Elbe, die älteste UNESCO-Modellregion in Deutschland. Das ursprüngliche Schutzgebiet wurde in den 80er und 90er Jahren erweitert, um den Entwicklungszielen eines modernen Biosphärenreservats gerecht zu werden. Die Gesamtfläche beträgt heute 171 Quadratkilometer.

Im "Jahr der Biosphärenreservate", das die Dachorganisation der Nationalen Naturlandschaften, Europarc Deutschland, 2009 ausgerufen hat, feiert das Biosphärenreservat Vessertal-Thüringer Wald sein 30-jähriges Jubiläum. Im Gründungsjahr 1979 war die Idee der Biosphärenreservate noch wenig verbreitet. Diese sollten die Ziele des Naturschutzes mit den Interessen der Wirtschaft und des Tourismus vereinen. Heute gelten die Biosphärenreservate weltweit als Modellregionen für eine nachhaltige Entwicklung.

Nachhaltige Entwicklung heißt, mit den natürlichen Ressourcen pfleglich umzugehen und sie so zu nutzen, dass die gesunde Naturlandschaft erhalten bleibt und gleichzeitig die Menschen aus umweltschonendem Wirtschaften, unterstützt von fortschrittlichen Technologien, auch zukünftig ihr Einkommen haben.

Im Rahmenkonzept des Biosphärenreservats sind nicht nur die Erhaltung der Ökosysteme und der biologischen Vielfalt – zum Beispiel durch die Renaturierung von Wäldern, Mooren und Gewässern – verankert. Zu den Entwicklungszielen des Biosphärenreservates gehört auch, die regionale Wirtschaft zu stärken, zum Beispiel durch die Vermarktung umweltverträglich erzeugter Produkte. Als Beitrag zum Klimaschutz werden Ressourcen schonende, regenerative Energien gefördert. Auch der öffentliche Personenverkehr wird als umweltschonende Alternative zum motorisierten Individualverkehr beworben und in das Konzept eines sanften Tourismus einbezogen. Mit einem neuen Informationszentrum am Bahnhof Rennstein soll ein attraktives Angebot zur Umweltbildung geschaffen werden.

Sanfter Tourismus

Seit einigen Jahren verfolgt das Biosphärenreservat verschiedene Projekte für eine nachhaltige touristische Entwicklung. Der Tourismus ist der wichtigste Wirtschaftszweig im Vessertal, das laut einer Umfrage des MDR-Fernsehens von 2007 als "das schönste Tal Mitteldeutschlands" gilt.

1999 hat das Biosphärenreservat das Projekt "Besucherlenkung" initiiert, um das Ziel eines sanften Tourismus auf den Weg zu bringen. Ein "Besuchermonitoring" mit Lichtschrankenzählung und Interviews erfasst und bewertet die touristischen Aktivitäten. Der öffentliche Personennahverkehr wurde ausgebaut, das Verkehrswegenetz von Straße und Schiene besser miteinander verbunden. Die Projektinitiative "Nächste Haltestelle – Thüringer Wald" fördert attraktive Busangebote für den Freizeitverkehr. So können die Urlauber mit dem Rennsteigbus den historischen Wanderpfad auf umweltschonenden Wegen erreichen.

Mobil mit Rennsteigbus und Rennsteigbahn

"Durch die Einbindung in die touristischen Angebote konnten wir die Buslinie auf dem Rennsteig erhalten, ansonsten wäre sie schon längst dem Rotstift zum Opfer gefallen, so Elke Hellmuth von der Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats Vessertal. "Durch die gezielte, auf den Urlaubsgast orientierte Werbung werden die vorhandenen Busangebote in Wert gesetzt. Mittlerweile hat sich der Linienbus zum Gästebus entwickelt."

Die Rennsteigbusse und Rennsteigbahn werden vom Biosphärenreservat in Prospekten als umweltfreundliche Verkehrsmittel beworben. In neu aufgelegten Wanderkarten sind die Bushaltestellen vollständig verzeichnet. Auch die 2001 stillgelegte Bahnstrecke quer durch den Thüringer Wald – von Ilmenau, über den Bahnhof Rennsteig und Schleusingen bis nach Themar im Werratal – wurde wiederbelebt. Vor über einhundert Jahren war die Strecke zur wirtschaftlichen Erschließung des Gebirges angelegt worden. Sie ist in ihrer ursprünglichen Anlage noch fast vollständig erhalten. Heute bringt sie Touristen naturverträglich zum Rennsteig und zurück. In historischen Wagen und mit einer ebenso alten Dampflok führt die Fahrt auf eine Reise in die Vergangenheit auf der steilsten Bahnstrecke Deutschlands.

Es gibt Bemühungen, auch wieder regulären Zugverkehr auf die Strecke zu bringen. Dahinter steht die Idee, die strukturschwache Region touristisch zu beleben und verkehrstechnisch sanft zu erschließen. Das Ziel ist "nachhaltige Mobilität". Großparkplätze soll es im Bereich des Rennsteigs nicht geben. Wer aktiv zum Klimaschutz beitragen möchte, reist mit öffentlichen Verkehrsmitteln an.

Hierfür wirbt auch das Projekt "Fahrtziel Natur", eine Kooperation der Deutschen Bahn und des Verkehrsclubs Deutschland e.V. (VCD) mit den Umweltverbänden BUND und NABU. 18 Großschutzgebiete haben sich dem Projekt angeschlossen, auch das Biosphärenreservat Vessertal-Thüringer Wald – gemeinsam mit den beiden Naturparks Thüringer Wald und Schiefergebirge/Obere Saale. Die Website des Projekts (www.fahrtziel-natur.de) stellt die Naturregionen vor, informiert über touristische Angebote, Unterkunftsmöglichkeiten und die umweltverträgliche Anreise. Ein besonderer Service ist die "Mobilitätsbilanz". Darin ist zum Beispiel nachzulesen, dass ein Ehepaar, das mit dem ICE von Düsseldorf ins thüringische Eisenach fährt, gegenüber einer Fahrt mit dem PKW das Klima um 48,1 kg Kohlendioxid entlastet.

Informationszentrum "nachhaltige Mobilität" am Bahnhof Rennsteig

Mit attraktiven Angeboten zur PKW-freien Anreise will das Biosphärenreservat Vessertal-Thüringer Wald den Touristen den Klimaschutz schmackhaft machen. Ein Modellprojekt für umweltverträglichen Besucherverkehr soll der Bahnhof Rennsteig werden. Seine günstige Lage am Schnittpunkt mehrerer Verkehrsachsen und beliebter Wander-, Rad- und Skiwege ist eine gute Voraussetzung, um das Konzept "nachhaltige Mobilität" zu verwirklichen.

Als Sinnbild für nachhaltige Mobilität in der Region ist auf dem Gelände des Bahnhofs Rennsteig ein Informationszentrums geplant. Dort soll künftig eine Ausstellung über das Biosphärenreservat und die Rennsteigbahn informieren. Das Konzept zielt darauf ab, das Thema "nachhaltige Mobilität" für den Besucher erlebbar zu machen und im Umfeld eines nachhaltigen Verkehrsmittels zu präsentieren. Unter anderem soll die Ausstellung zeigen, wie sich die Bahn von einem schon früher revolutionären Fortbewegungsmittel zu einem wichtigen Aspekt nachhaltiger Mobilität entwickelt hat.

Weitere Ausstellungsthemen werden die Landschaftsgeschichte des Thüringer Waldes und die Tier- und Pflanzenwelt des Biosphärenreservats sein sowie das Weltnetz der UNESCO-Biosphärenreservate. Im Umfeld des Bahnhofs wird es auch einen Erlebnispfad geben, auf dem Kinder die Natur entdecken können. Das Informationszentrum soll als Veranstaltungsort für Events, Aktionstage und Gästeführungen dienen und als Zentrum der Nachhaltigkeitskommunikation. Eine vom Biosphärenreservat in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie bewertet den Aufbau des Informationszentrums am Bahnhof Rennsteig als sehr positiv für die nachhaltige touristische Entwicklung der Region.

 
veröffentlicht 2009

Der Artikel ist im September 2009 auf dem Webportal
unesco.de erschienen.

   
 Der Artikel ist erschienen in unesco heute online, Newsletter der Deutschen UNESCO-Kommission, September 2009.    
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