Astronomie
und Welterbe
Schwerpunkt
der UNESCO im Internationalen Jahr der Astronomie 2009
Von
Kurt Schlünkes und Julia Zelgert
Das
Universum hat die Menschheit seit jeher fasziniert.
Die Betrachtung des Sternenhimmels hat in allen Kulturen
Staunen und Fragen ausgelöst: Wie sind die Himmelskörper
beschaffen, was bewegt sie, und welchen Einfluss haben
sie auf uns? Welche Antworten unterschiedliche Kulturen
auf diese Fragen gaben, spiegelt sich in Formen der
Architektur und Landschaftsgestaltung und in künstlerischen
Darstellungen des Kosmos, die bis in die Frühgeschichte
zurückreichen.
Ziel
der Initiative "Astronomie und Welterbe" ist es, Kulturstätten,
die außergewöhnliche Zeugnisse für die Auseinandersetzung
des Menschen mit dem Kosmos darstellen oder die im engen
Zusammenhang mit der Geschichte der Astronomie stehen,
zu erhalten. Die UNESCO hat diese Initiative im Jahr
2003 gestartet. Im Oktober 2008 hat sie ein Abkommen
mit der Internationalen Astronomischen Union (IAU) beschlossen,
um die Umsetzung der Initiative weltweit voranzubringen.
Hierfür bietet das Internationale Jahr der Astronomie
2009 einen geeigneten Rahmen. Die Vereinten Nationen
haben das Astronomiejahr ausgerufen, es soll an die
Bedeutung der Astronomie für die Kultur der gesamten
Menschheit erinnern. Die UNESCO hat die Federführung
für das Astronomiejahr. Es steht unter dem Motto "Das
Weltall: Du lebst darin – entdecke es!"
In
der Welterbeliste der UNESCO sind bisher nur wenige
Kulturstätten verzeichnet, die im Zusammenhang mit der
Entwicklung von astronomischen Kenntnissen und Praktiken
stehen. Beispiele sind der Sonnentempel in Teotihuacán,
Mexiko, Machu Picchu in Peru, das Ulugh-Beg-Observatorium
in Samarkand, Usbekistan, und Stonehenge in Großbritannien.
Stonehenge
im Süden Englands gehört zu den ältesten Monumenten
der Astronomiegeschichte. Nach heutigem Wissensstand
entstanden die Steinkreise im Zeitraum zwischen 3000
bis 1500 Jahren v. Chr. in mehreren Bauphasen und dienten
der Berechnung der Zyklen des Mondes und der Sonne.
Die
Initiative "Astronomie und Welterbe" steht im Kontext
der "Globalen Strategie für eine ausgewogene, repräsentative
und glaubwürdige Welterbeliste", die das Welterbekomitee
der UNESCO 1994 beschlossen hat. Ziel ist es, die bestehenden
"Lücken" in der Welterbeliste zu erfassen und auszufüllen.
Kulturstätten mit Bezug auf Wissenschaft und Astronomie
sind in der Liste kaum repräsentiert. Die Interaktion
des Menschen mit seiner Umwelt und das Verständnis des
Menschen über seine Rolle im Kosmos sind aber Teil der
kulturellen Entwicklung. Materielle Zeugnisse der Astronomie
sind in allen geografischen Regionen zu finden und in
allen Epochen der Menschheitsgeschichte. Die Initiative
"Astronomie und Welterbe" soll dazu beitragen, astronomische
Stätten von außergewöhnlichem universellem Wert zu identifizieren
und Maßnahmen zu ihrer Erhaltung zu unterstützen. Die
Vertragsstaaten der UNESCO-Welterbekonvention sollen
dazu ermutigt werden, verstärkt astronomische Stätten
für die Aufnahme in die Welterbeliste zu nominieren.
Mit
der Entwicklung von Kriterien für die Aufnahme solcher
Stätten in die Welterbeliste und zur Feststellung ihres
"außergewöhnlichen universellen Wertes" befasst sich
eine Arbeitsgruppe der UNESCO und der IAU unter Leitung
des britischen Archäoastronomen Clive Ruggles. Für die
Aufnahme in die Welterbeliste kommen infrage:
-
Stätten, deren Architektur oder Landschaftsform in
engem Zusammenhang mit der Astronomie oder astronomischen
Praktiken stehen,
- archäoastronomische
Stätten, die von den Kenntnissen und Glaubensvorstellungen
über den Kosmos in früheren Kulturen zeugen, etwa
in Form von künstlerischen Darstellungen der Himmelskörper
oder astronomischer Ereignisse,
- Stätten
und Einrichtungen, die mit großen Erfolgen in der
Astronomiegeschichte in Verbindung stehen und die
zur Entwicklung der wissenschaftlichen Astronomie
besonders beigetragen haben, wie zum Beispiel historische
Sternwarten und Observatorien.
Im
Rahmen der Initiative "Astronomie und Welterbe" haben
sich verschiedene Expertentreffen mit der Auswahl von
repräsentativen Stätten der Astronomiegeschichte für
die Welterbeliste befasst. So haben die Universität
Hamburg und das Deutsche Nationalkomitee von ICOMOS
im Oktober 2008 ein internationales Symposium zur Bedeutung
moderner Sternwarten für das kulturelle Erbe veranstaltet.
Im Mittelpunkt des Symposiums stand die Bewerbung der
Sternwarte Hamburg-Bergedorf als UNESCO-Weltkulturerbe.
Die Hamburger Sternwarte soll gemeinsam mit vergleichbaren
Observatorien im Rahmen einer länderübergreifenden Nominierung
für die Liste des Welterbes vorgeschlagen werden.
Die
Hamburger Sternwarte wurde 1802 gegründet und stellte
seinerzeit eine der größten und modernsten Sternwarten
Europas dar. Im 19. Jahrhundert war die Hamburger Sternwarte
in der Welt der Astronomie für ihre Erfolge berühmt.
Im 20. Jahrhundert übernahm die Astrophysik die beherrschende
Rolle. Für diesen Umbruch stehen die großen Linsen-
und Spiegelteleskope der Anlage. Die Hamburger Sternwarte
stellt wegen ihrer modernen Anlageform, ihrer repräsentativen
Architektur und instrumentellen Ausstattung und wegen
ihrer Bedeutung für die Forschung eine Besonderheit
dar. 1996 wurde die Gesamtanlage der Sternwarte in die
Denkmalliste der Freien und Hansestadt Hamburg eingetragen.
2008 wurde sie von Kulturstaatsminister Bernd Neumann
in die Förderung national bedeutsamer Kulturdenkmäler
aufgenommen.
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